ClassicDay: Was wäre, wenn…? - Überlegungen zu ethischen Streitfällen

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Was wäre, wenn ein Terrorist ein Passagierflugzeug entführt hätte und nun ankündigen würde, es in ein vollbesetztes Fußballstadion zu lenken? Der deutsche Autor, Ferdinand von Schirach, hat dieses Gedankenexperiment in eine fiktive Gerichtsverhandlung umgestaltet und lädt die Leser*innen ein, über einen Major der Luftwaffe zu urteilen, der eben dieses Passagierflugzeug abgeschossen hat, um größeren „Schaden“ zu verhindern. Ist es gerechtfertigt, das Leben von 164 Flugzeug- Passagieren gegen das von 70.000 Fußballfans aufzuwiegen? 

Was wäre, wenn der Staat jedem Menschen eine gesunde Lebensweise vorschriebe? Juli Zeh entwirft in ihrem Roman „Corpus Delicti“ ein düsteres Zukunftsszenario, in dem Menschen in ihren Lebensgewohnheiten unablässig überwacht werden, angefangen von ihren Ess- und Sportgewohnheiten bis hin zur Partnerwahl, die gesunden Nachwuchs garantieren soll. Wie weit darf ein Staat mit seinen Vorschriften gehen? 

Was wäre, wenn ein Mensch, der die richtige Blutgruppe besitzt, entführt und gewaltsam 9 Monate lang an einen berühmten, aber schwerkranken Geiger zur Blutreinigung gekoppelt wäre?  Die Erfinderin dieses Gedankenexperiments, Judith Jarvis Thomson, will mit diesem Fall die Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven (Geiger, Arzt und angekoppelter Lebensretter) provozieren, die sich auch auf die Situation eines Schwangerschaftsabbruches übertragen ließen. 

Was wäre, wenn der Entführer eines Kindes bei der Lösegeldübergabe geschnappt würde und hartnäckig über den Aufenthaltsort seines Opfers schwiege? Dürfte die Polizei auch Gewalt anwenden, um das Opfer zu finden und zu befreien? 

Ausgehend von literarischen und philosophischen Problemstellungen untersuchten die Schüler*innen des Klassischen Gymnasiums Meran strittige Fälle, lieferten sich bisweilen hitzige Diskussionen, zwischen Zustimmung und Ablehnung schwankend, und versuchten auch ihre Entscheidungen zu hinterfragen und/oder zu differenzieren. 

Am Ende eines angeregten Tages im Kolpinghaus Meran waren sich alle einig: eine Initiative, die nach Wiederholung schreit.