Ausstellungsbesuch „Imagine Worlds“

Ausstellungsbesuch „Imagine Worlds“

Menschen und Mythen sind tief miteinander verbunden, ein Tanz zwischen Realität und Imagination. Seit jeher formen Geschichten unser Dasein und unsere kollektive Seele. Mythen spiegeln unsere Menschlichkeit wider, sie sind Quellen unserer Träume und Ängste und bieten Trost und Inspiration. Doch sie können uns auch in starre Muster einsperren und unsere Sicht verzerren. Trotz ihrer Ambivalenz sind Mythen mehr als Geschichten; sie sind die Grundlage unserer Kulturen und bauen Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 

Wir, die Schülerinnen und Schüler der Klasse 3K, haben am 16. Mai 2024 die Ausstellung im Kunsthaus Meran zum Nibelungenlied „Imagine Worlds“ , kuratiert von Harald F. Theiss, besucht. Dort war die Originalhandschrift (I) in einem Akklimatisierungskasten ausgestellt. Diese Handschrift war nach ihrer Wiederauffindung in der Burg Obermontani nach 200 Jahren wieder in Südtirol zu sehen, bevor sie nun wieder nach Berlin zurückkehrt. 

Das Nibelungenlied ist ein mittelhochdeutsches Heldenepos aus dem 13. Jahrhundert. Es erzählt die Geschichte von Siegfried, seiner Ermordung und dem Rachefeldzug seiner Witwe Kriemhild gegen die Burgunden. Das Werk ist ein zentraler Teil der deutschen Literatur und Mythologie. 

Alte Mythen wie das Nibelungenlied sind tief in der Geschichte und Kultur ihrer Zeit verwurzelt, spiegeln zeitlose Themen und wurden mündlich überliefert, bevor sie schriftlich festgehalten wurden. Moderne Mythen entstehen hingegen in einem globalisierten, technologischen Kontext und verbreiten sich durch Massenmedien. Sie reflektieren aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und sind oft direkter und zugänglicher in ihrer Sprache. 

Mythen sind heute in Literatur, Film und digitalen Medien zu finden und werden von Autoren, Filmemachern, Influencern und Wissenschaftlern erzählt. Sie reflektieren aktuelle Strömungen und persönliche Geschichten, die kollektive Emotionen widerspiegeln. Jedoch haben die sozialen Netzwerke auch einen gravierenden Einfluss auf die Gesellschaft. Manche nutzen geschickt die Leichtgläubigkeit bestimmter Personen aus, für ihren Vorteil. Schauergeschichten werden verbreitet und lösen Angstzustände und Unruhe in Menschen aus. Manch Ammenmärchen spaltet durch seine kontroversen und teils radikalen Aussagen die Gesellschaft, was oft fatale Konsequenzen nach sich zieht. 

Überall dort, wo Geschichten erzählt werden, sei es in Büchern, Filmen, sozialen Medien oder wissenschaftlichen Diskussionen, entstehen und leben Mythen. Sie helfen uns, die Welt zu verstehen und unseren Platz darin zu finden. So gesehen, sind Mythen heute vielleicht wichtiger denn je. 

Wir begannen im ersten Stockwerk mit dem Künstlerpaar Mirja Reuter und Florian Gass, die ein partezipatorisches Projekt mit der Mittelschule P. Rosegger abgehalten haben uns das hier in der  Ausstellung zu sehen war, wo das Geschehen des Nibelungenlieds mithilfe selbstgeformter Figuren dargestellt und in einem Film präsentiert wird. 

Jedes einzelne Werk der Ausstellung vermittelte etwas über die Mythologie des Nibelungenepos und die Fragen, die dahinter stehen. Einige waren kritisch gegenüber der Mythologie und der Geschichte des Nibelungenepos und drückten klare Statements aus, während andere Raum für eigene Interpretationen ließen. Im obersten Stockwerk befand sich ein Wandteppich von Margaret Eicher (*1955) mit dem Titel "It's a digital World 1" aus dem Jahr 2014. Dieser Wandteppich zeigt ein Beispiel für die moderne Mythologie, indem er ein Videospiel als zentralen Faktor einbezieht. 

Die Ausstellung hat uns zahlreiche neue Erkenntnisse vermittelt. Viele von uns kannten das Heldenepos zuvor kaum oder nur oberflächlich. Die ausgestellten Kunstwerke boten uns neue Perspektiven auf Mythen und regten uns zum Nachdenken an. Wir lernten, dass Mythen einen wichtigen Teil unserer Menschlichkeit ausmachen. Alte Geschichten sollten nicht in Vergessenheit geraten, sondern weitererzählt werden, um diese kostbaren Erzählungen zu bewahren. Insgesamt haben wir viel gelernt, und die Ausstellung hat uns sehr gut gefallen. 

Text: Sophia Heel Gumpold 

Fotos: Stephan Fischnaller