Rezensions-Workshop der 5C und 5D

Rezensions-Workshop der 5C und 5D
Rezensions-Workshop der 5C und 5D

Die Klassen 5C und 5D haben - betreut von den Professoren Zeno Christanell und Jutta Telser - auf Einladung der VBB an einem Rezensions-Workshop teilgenommen. Der Journalist Klaus Hartig zeigte den Schülern anhand von Video-Beispielen unterschiedlicher Inszenierungen des Stücks „Geschichten aus dem Wiener Wald“ das Handwerk des Theaterkritikers.

Nach dem Besuch der Schulvorstellungen verfassten die jungen Kritiker selbstständig je eine Theaterrezension, welche in einer zweiten Arbeitsphase mit dem Experten und der Dramaturgin Elisabeth Thaler analysiert wurden. Ein Resultat dieser Arbeit ist unten angefügt. Wer Lust zu einem Theaterbesuch bekommt: Das Stück wird noch am 24., 25., und 26.10.2013 jeweils um 20 Uhr bei den Vereinigten Bühnen Bozen aufgeführt.

Die Dummheit tanzt im Dreivierteltakt

Carina Riedl inszeniert „Geschichten aus dem Wiener Wald“ von Ödön von Horváth im Stadttheater Bozen

Zuerst nur ein Arm, dann ein Fuß und eine nackte Schulter - schließlich richtet sie sich langsam auf, bis sich der gesamte Oberkörper aus dem weißen Tüll auf dem runden Tisch in der Mitte der Bühne befreit hat. Wie eine Aufziehpuppe, die zum Leben erweckt worden ist, räkelt sie sich mit geschmeidigen Bewegungen im Rhythmus der Musik. Während sie ringsum von den Schaulustigen, dem Fleischhauer Oskar, Havlitschek, dem Zauberkönig (Johann Nikolussi), dem Rittmeister (Johannes Seilern) und Valerie begafft wird, fallen Seifenblasen von der Decke auf den Boden. Und wie die von den Scheinwerfern bunt schimmernden Blasen zerplatzt auch die gerade noch heitere Stimmung, als plötzlich die Musik verstummt und ein Schrei den Raum durchfährt: „Marianne!“

Anfänglich ist die Bühne mit elf gebogenen Tischen, die im Halbkreis mit den Tischplatten Richtung Publikum zeigen, jeweils gleich vielen Stühlen und einem runden Tisch mit einem Blumengesteck darauf ausgestattet. Dahinter führen einige Stufen direkt in einen kleinen Raum, in dem die Musik von Arthur Fussy gespielt und wiedergegeben wird. Darüber hängt eine Anzeigetafel, wo stets der Ort des Geschehens aufscheint. Im Laufe der Handlung wird das Bühnenbild jedoch von den Schauspielern, die nie die Bühne verlassen, umgebaut. Neue Requisiten kommen dazu, landen auf dem Boden und bleiben dort liegen. Allmählich verwandelt sich der Bühnenraum in ein Chaos, das jenem in den Köpfen der Figuren gleichkommt. Wie der Name des Stücks bereits verrät, spielt die Geschichte in Wien. Doch die Schauspieler verwenden die hochdeutsche Sprache und nur einzelne Ausdrücke fallen in pointierter Absicht im Wiener Dialekt. Nicht nur Marianne (Andrea Haller), Valerie (Patrizia Pfeifer), Alfred (Thomas Hochkofler) und Oskar (Ferdinand Kopeinig) stechen mit ihrer präzisen Aussprache hervor. Auch Hannes Perkmann in der Nebenrolle des Havlitschek beeindruckt mit seiner Körpersprache und seiner ausdrucksstarken Mimik und Gestik. Einige Figuren und Textpassagen werden zwar von der Regie gestrichen, sie tragen allerdings nicht zur Minderung des Handlungsverständnisses bei. Die zahlreichen Licht- und Toneffekte unterstreichen die Darstellung und erhöhen zudem den Unterhaltungswert. Der Walzer und die immer wiederkehrenden Geräusche und steifen Rhythmen einer aufziehbaren Puppe ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Stück. Carina Riedl lässt gekonnt die handelnden Personen zu Spielwaren werden. So verwandelt sich auch die junge Marianne von der Puppenklinikbesitzerin zur Ware und muss sich schlussendlich selbst verkaufen.

„Nichts gibt so sehr das Gefühl von Unendlichkeit als wie die Dummheit“ – Die unendliche Selbstgenügsamkeit, das Selbstmitleid und die verdrängten Konflikte verleiten die Personen zum unüberlegten, egoistischen Handeln - oft ohne Gefühle. Die Figuren wirken damit unlebendig und nicht frei, also in sich eingeschränkt und dumm. So tanzen sie wie Marionetten an den Fäden der Gesellschaft weiter und wiegen sich im Dreivierteltakt. (Melanie Meraner, 5. C)

Im Bild: Der Journalist Klaus Hartig und die Dramaturgin Elisabeth Thaler bei der Nachbesprechung der Rezensionen.