Welttag des Buches: Option | Briefe

Welttag des Buches: Option | Briefe
Welttag des Buches: Option | Briefe

Welttag des Buches 2015 im Zeichen der Geschichte Südtirols

Buchvorstellung von „Opzioni rilette. Die mitgelesenen Briefe“

Am 23. April veranstaltete die Bibliothek der Gymnasien Meran Verdistraße in Zusammenarbeit mit dem Verein „La Fabbrica del Tempo – Die Zeitfabrik“ und der Meraner Sektion der „Società Dante Alighieri“ eine Buchvorstellung zum Thema Option. Schüler und Schülerinnen lasen Briefe aus dem Buch „Le Opzioni rilette – Die mitgelesenen Briefe“ vor. Kommentiert wurden diese vom Historiker Hans Heiss und der Germanistin Ulrike Kindl.

Liebe Mama! ...Genieße nur dieses von der Natur gesegnete Land und bleibe, wo du immer gelebt hast, du wirst sehen, vielleicht kommt es nicht so, wie diese unglückselige Propaganda es immer gepredigt hat....

Diese Zeilen sendet der Sohn Egon Kaspar am 3. Februar 1943 via Feldpost, kurz nach der Schlacht von Stalingrad - das Kriegsglück hat sich gewendet – an seine Mutter - aus Shitomir Res. Lazarett Luftwaffe n°2a/II nach Eppan.

Erhalten geblieben ist uns dieses Zeitdokument in der italienischen Version: Cara Mamma!....Goditi pure questo paese benedetto dalla natura e resta dove hai sempre vissuto, vedrai, che non accadrà forse mai ciò che questa infelice propaganda ha continuamente predicato....

Die faschistische Zensur hat in der Zeit zwischen 1939 und 1943 Briefe von Südtirolern abgefangen, ins Italienische übersetzt und diese im Staatsarchiv in Rom verwahrt. Die Originale sind verschollen, es gibt nur mehr die italienischen Transkripte, die uns einen interessanten Einblick in das Denken und Fühlen der Zeitgenossen vermitteln. Ulrike Kindl, Germanistin und Begriffswissenschaftlerin an der Universität Venedig, hat besagte Briefe behutsam ins Deutsche rückübersetzt und historisch kommentiert.

Veröffentlicht sind sie im Buch „Le Opzioni rilette – Die mitgelesenen Briefe“, in dem sie neben den 14 Beiträgen von Historikern und Forschern zur Optionszeit das Herzstück sind.

Der Historiker Hans Heiss und die Germanistin Ulrike Kindl veranschaulichten als Referenten am Welttag des Buches ihr Expertenwissen vor 140 Schülern und Schülerinnen der 4. und 5. Klassen, die sich im Vorfeld im Unterricht anhand des Buches „Le Opzioni rilette – Die mitgelesenen Briefe“ Grundlagen für das Verständnis erarbeitet hatten. Die Klasse 4A organisierte eine kleine Ausstellung mit Büchern und einigen Originaldokumenten. Schüler und Schülerinnen aus den Klassen 5C und 4A lasen italienische und ins Deutsche übersetzte Briefe vor. Zwei Schülerinnen aus der Klasse 5C umrahmten die Veranstaltung mit Gitarrenklängen.

 

Das Buch gibt Antworten auf eine grundlegende Frage:

Was hat die Option bei den Menschen bewirkt, die sie am eigenen Leib erlebt haben?

Die Kapitel sind in deutscher oder italienischer Sprache verfasst. Es kommen auch bekannte Zeitzeugen zu Wort. Der Schriftsteller Joseph Zoderer und der Dachau-Überlebende Franz Thaler sprechen über ihre Erinnerungen an die Option. Die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache, aber auch Menschen, die im Trentino (Lusern und Fersental) oder im friaulischen Kanaltal ansässig waren, wurden vor die erzwungene Wahlmöglichkeit (Option) gestellt, die Heimat zu verlassen und ins Deutsche Reich zu übersiedeln oder im eigenen Land zu bleiben. Der Band nimmt außerdem in unterschiedlichen wissenschaftlichen Beiträgen u.a. den ladinischen Sprachraum unter die Lupe, analysiert, wie der Südtiroler Klerus zur Option stand oder wie Frauen die Option erlebten. Das Buch behandelt auch das Schicksal vieler Menschen, die „zweifach optierten“ und nach dem Krieg zurückkehrten. Es berichtet über politische und gesellschaftliche Reaktionen sowie über Gefühle der Erleichterung oder das Erheben von Anklagen in Bezug auf die Entwurzelung, die ein empfindliches Gleichgewicht zerstörte.