Schulschluss mit Goethe, Buchenwald, Europa und Zukunft

Schulschluss mit Goethe, Buchenwald, Europa und Zukunft
Schulschluss mit Goethe, Buchenwald, Europa und Zukunft

Sprachengymnasium Meran nimmt an SchulBrücke in Weimar teil

Vor genau 20 Jahren hat die Deutsche Nationalstiftung das Projekt „SchulBrücke“ ins Leben gerufen. Ziel war es, Jugendlichen aus Europa ein Begegnungsfeld und Gesprächsforum anzubieten. Seit 2008 nehmen Abordnungen des Klassischen Gymnasiums und des Sprachengymnasiums „Beda Weber“ regelmäßig an den Treffen teil. Nach Corona bedingter Abstinenz fand Mitte Juni in Weimar in der EJBW (Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar) das erste SchulBrücken-Treffen im Jubiläumsjahr statt.

Ideenschmiede für die Zukunft

Angesichts der globalen Krisen wie Klimawandel, Ukraine-Konflikt und Pandemie stellen sich immer mehr Jugendliche die Frage, wie ihre Zukunft wohl aussehen mag. Auf dieses Bedürfnis hat die Deutsche Nationalstiftung reagiert und in Zusammenarbeit mit dem Seminarleiter Dr. Frithjof Reinhardt das Konzept der „SchulBrücke zur Zukunft Europas“ entworfen.

Jugendliche aus Polen, der Slowakei, aus verschiedenen Bundesländern Deutschlands und aus Meran haben in verschiedenen Arbeitsgruppen (z.B. Ökologie, Bildung, gutes Leben) spezifische Problemfelder definiert, Ursachen und Auswirkungen derselben benannt und über Lösungsansätze nachgedacht. Die Ergebnisse wurden in Briefen zu Papier gebracht, die in Kleingruppen vorgelesen und diskutiert wurden. Anschließend hatten alle Jugendlichen Gelegenheit, ihre Zukunftsvisionen im Rahmen von kreativen Workshops zu vertiefen. So wurde die tiefe Sehnsucht nach einer friedlichen Welt in einer filmischen Umsetzung von Wolfgang Borcherts Text „Dann gibt es nur eins“ spürbar. Der Kampf um sauberes Trinkwasser fand hingegen Niederschlag in der Projektierung eines abstrakten Denkmals.

Tradition und Vision in den Herkunftsländern

Neben anspruchsvoller Impulslektüre und intensiven Gesprächen war auch der länderübergreifende Austausch wichtig. Im Rahmen der Vorstellungsrunde stellten die Schuldelegationen nicht nur den jeweiligen Heimatort vor, sondern nahmen auch auf lokale und zukunftsorientierte Projekte aus Industrie, Handwerk, Kultur, Schule und Soziales Bezug. Die Südtiroler Jugendlichen präsentierten unter anderem die Organisationen „Südtiroler Ärzte für die Welt“ und „Streetwork Burggrafenamt“, gewährten Einblick in die nachhaltige Verarbeitung von Biogetreide, Regiokorn und Naturhefe in der Meraner Mühle und zeigten an der Lebensgeschichte eines Südtiroler Schusters auf, welche Chance und Zufriedenheit ein Handwerk bieten kann.

Auch kulinarische Genüsse gehören zur Identität eines Landes. Und so tischten alle Teilnehmer*innen regionale Köstlichkeiten beim internationalen Büffet auf und aßen sich von Leipziger Lerchen über polnisches Schmalzbrot, Südtiroler Speck, Schüttelbrot und Dolomitenkönig bis zu slowakischen Keksen, Bahlsen-Gebäck und Loackerwaffeln.

Weimar-Stadt der Gegensätze

Auch Kultur und Sehenswürdigkeiten wurden in dieser Woche großgeschrieben. Im Rahmen einer Stadtrallye lernten die Teilnehmer*innen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt kennen und befassten sich mit zukunftsträchtigen Wohnbauten wie dem Quartiersprojekt „Alte Feuerwache“ und dem Bauhausstil. Aber Weimar ist nicht nur die Stadt, in der Goethe und Schiller Weltliteratur geschrieben haben, nicht nur die Stadt, in der Herder die Idee des Humanismus geschaffen hat. In einer eigens konzipierten Stadtführung erfuhren die Schüler*innen die dunkle Seite der Stadt. In Weimar sprach Hitler vom Balkon des Hotels „Elephant“ am Rathausplatz vor einer begeisterten Menge, in Weimar gab es eine Zentrale der Gestapo mit Foltereinrichtungen und nur einige Kilometer entfernt wurde das berüchtigte KZ Buchenwald errichtet und in Betrieb genommen. Trotz all der düsteren Vergangenheit, die die Fragilität der demokratischen Strukturen ins Bewusstsein rief, endete die Exkursion auf dem sonnendurchfluteten Theaterplatz vor dem Goethe- und Schiller-Denkmal.

 

Einmal dabei-immer dabei

Im Unterschied zu den klassischen Austauschprogrammen, die nach Besuch und Gegenbesuch enden, zielt das Projekt der Deutschen Nationalstiftung auf eine größere Nachhaltigkeit ab. Unterstützt wird die Stiftung dabei vom Alumni-Verein, der jährliche Folgetreffen für ehemalige Teilnehmer*innen plant und durchführt. Dadurch ist ein Netzwerk entstanden, das Jugendlichen nicht nur interessante Bildungswochen und Gesprächsrunden anbietet, sondern auch Studienplätze, Praktikums- und Arbeitsmöglichkeiten vermittelt. Doch über allem steht die Freude an der Begegnung: „Es war eine Woche voller Lebensfreude“, so brachte es eine Teilnehmerin aus Südtirol auf den Punkt.